Gründung der Mittelschule
Die heutige Alexander-von-Humboldt-Schule, Städtische Realschule, wurde 1941 als Mittelschule“ gegründet. In den ersten Jahren war sie im Neubau der Walther-Hartmann-Schule, Sedanstraße, untergebracht. Einweihungstag und Schulbeginn waren der 18.08.1941. Für 269 Volks- und 48 Mittelschüler stand ein modernes Gebäude zur Verfügung, das nach dem Krieg weiter ausgebaut werden sollte. Leiter der Volks- und Mittelschule wurde Oberschullehrer Christian Meyer, der die Mittelschüler – gemeinsam mit Laura Velten, Walter Ferne und Karl Saure – unterrichtete. Es ist erstaunlich, daß mitten im Krieg eine neue Schulform ins Leben gerufen wurde, aber wie Christian Meyer in der Schulchronik ausführte: „Eine Stadt, deren Ansehen und Wohlstand auf den Leistungen so vielen klug geleitetet Kleinbetriebe sich aufbaute, konnte auf Dauer der ihrer industriellen Struktur gemäße Schulart nicht entbehren.“ Die Schüler der Mittelschule sollten die mittlere Beamtenlaufbahn einschlagen, Techniker, Werkmeister, Kaufleute, Handwerker mit größeren Betrieben und führende Landwirte werden können. Man erwartete deshalb einiges von ihnen. Christian Meyer weiter: „Wir legen Wert auf exaktes Arbeiten, selbstständiges Denken, Fleiß, zuverlässiges Mitgehen, geraden Charakter…“ Man nahm nur Schüler auf, deren Notendurchschnitt nicht schlechter als 2- war. Außerdem mußten sie eine Aufnahmeprüfung erfolgreich bestehen.
1943 / 44
Für das Schuljahr 1943/44 wurden bereits 35 Jungen und 76 Mädchen angemeldet. In der Mittelschule konnte jedoch nur eine Jungenklasse eingerichtet werden. Je eine Mädchenklasse entstanden in Lennep und in der Pestalozzi-Schule, Rosenstraße, unserem heutigen Altbau.1945 konnte jedoch keine Einschulung stattfinden, weil alle Schulen geschlossen waren. In den auf den Krieg folgenden Jahren stieg die Schülerzahl ständig an. Im Schuljahr 1946/47 gab es vier Jahrgänge in sieben Klassen, 49/50 schon vierzehn Klassen mit insgesamt 509 Schülern. Immer wieder mußten Schüler trotz bestandener Aufnahmeprüfung abgewiesen werden. Nachdem die Realschule Lennep, die bis dahin als Dependance von Remscheid betreut worden war, selbstständig geworden, begann das Schuljahr 1954/55 mit 742 Schülern (400 Jungen, 342 Mädchen). Die Schülerzahlen stiegen kontinuierlich an und erreichten in den Jahren 1977-80 Werte von über 1100. Bis dahin aber war es ein weiter Weg.
Christian Meyer, der 1945 zum kommissarischen Schulrat ernannt wurde, und sein Nachfolger Edmund de Groote (Schulleiter von 1948 bis 1954) führten die Schule erfolgreich durch schwere Zeiten: Der Krieg und ebenso die Jahre danach waren hart; von Schülern und Lehrern – und natürlich auch von den Eltern – mußten Zustände ertragen und Schwierigkeiten erfolgreich gemeistert werden, die wir uns heute kaum noch vorstellen können.
Unterbringung der Schüler
Ein Dauerproblem: Die Unterbringung der Schüler und Klassen Da war zunächst die Raumnot – anfangs nur auf steigende Schülerzahlen zurückzuführen, nach dem Angriff auf Remscheid in der Nacht zum 31. Juli 1943 auf die Zerstörungen in der Stadt. Der von 467 Bombern geflogene Angriff dauerte 40 Minuten, zerstörte ganze Stadtteile und kostete mehr als 1200 Menschen das Leben. Die Walter-Hartmann-Schule war kaum beschädigt, aber die Wohnhäuser in der Sedanstraße zum größten Teil zerstört, so daß die Bewohner in die Schulräume einquartiert werden mußten. Nach dem Sommerferien fand deshalb Schichtunterricht statt; morgens wurden die Mittelschüler in drei Räumen unterrichtet, nachmittags die Volksschüler. In der folgenden Woche wurde gewechselt. Auch nach dem Umzug der Mittelschule in das Gebäude der Pestalozzi-Schule (unser heutiger Altbau) am 1.07.1946, deren Schüler auf andere Volksschulen verteilt wurden, hatte die Raumnot kein Ende, da die Schülerzahlen kräftig stiegen und im Haus außerdem die Daniel-Schürmann-Schule und das Schulamt der Stadt Remscheid logierten. Der Unterricht fand z.T. auf den Fluren , dem Schulhof und im Schulgarten statt, außerdem waren Wechselschichten üblich. Im WInter 1947 spitzte sich die Lage noch weiter zu: Unter- und Mittelstufe mußten jede Woche einen Tag zu Hause bleiben. Anfang November 1950 zogen Schulamt und Volksschule endlich aus, und der Schichtbetrieb konnte zunächst eingestellt werden. Überfluß an Klassenräumen herrschte nie: In den Jahren 1955/56/57 mußten einige Klassen in einem Gebäude in der Winkelstraße unterrichtet werden. Am 16.09.1957 konnte dann endlich der heute nicht mehr existierende Pavillon im Schulgarten – dort ist heute der Lehrerparkplatz – bezogen werden. Im Sommer 1969 wurde der Neubau fertiggestellt, dafür aber der Altbau wegen dringender Renovierungsarbeiten gesperrt. Erst März 1971 war das ganze Gebäude benutzbar, wenn auch noch lange überall gearbeitet wurde.
Kohlennot 1942 – 46
Warme Klassenräume – nur ein Traum! Nach der Raumnot gab es seit dem Winter 1942 jedes Jahr Schwierigkeiten mit der Beheizung der Schulgebäude. So wurden am 25.01.1942 alle Schulheizungen auf Weisung des Oberbürgermeisters stillgelegt, da der Transport der notwendigen Kohle nicht zu regeln war. In der Stadt wurden in jenen Tagen Temperaturen bis zu -28 Grad gemessen. In der Schulchronik findet sich zu diesem Problem auch folgender Bericht: „Am 11.02. (46) muß der Unterricht ausgesetzt werden, da die Kohlenvorräte so gering sind, daß sie nur zum Einsatz bei etwaiger großer Kälte reichen, um das Einfrieren der Klosetts zu verhüten. Die Kinder kommen jeden Morgen zur Schulspeisung und werden vor- und nachher zu größeren schriftlichen Arbeiten, die dann immer am nächsten Morgen abzugeben sind und von den Lehrern zu Hause eingehend geprüft werden.“ Dieser „Unterricht“ dauerte bis zum April. Im Schuljahr 1946/47 mußten die Weihnachtsferien bis zum 3.02. verlängert werden. Die Schüler lernten wie im Winter 1945/46. Noch im Januar 1952 stellte sich heraus, daß die Remscheider Schulen nur für 14 Tage Kohlen hatten. Dennoch fand voller Unterricht statt.
Schulbetrieb – aber wie ?
Sich häufende Luftalarme – Schulbetrieb, aber wie ? Damit aber nicht genug: Nach dem Bombenangriff am 31.07.1943 gab es ständig weitere Luftalarme, die Schüler und Lehrer immer wieder in der Arbeit beeinträchtigten. Dazu zwei Zitate aus der Schulchronik vom 12.04.1944: „Zum Beispiel gab es am ersten Schultag vormittags vier Alarme, und die Klassen konnten nicht um 13.10 Uhr entlassen werden, da die Entwarnung erst um 15.14 erfolgte … … so erscheint es bitter, daß wegen der nächtliche Alarme die erste Morgenstunde fast jeden Tag wegfällt.“ Am 7.10.1944 wurden alle Remscheider Schulen wegen Luftgefahr vorläufig bis zum 1.11. geschlossen. Bereits am 4.11. erfolgte die endgültige Schließung durch den Regierungspräsidenten. Sechs- bis zehnjährige Kinder sollten zukünftig in Gruppen bis zu acht in Privathaushalten lernen, der Schulleiter herumziehen und ihnen Hausaufgaben anweisen. Ältere Schüler blieben sich selbst überlassen. Nach heftigen Protesten aller Beteiligten gestattete der Regierungspräsident Anfang 1945, daß auch ältere Schüler nach Art der Volkschulen unterrichtet werden durften. Die Kreisleitung öffnete sogar die Schulen. Es durften aber niemals mehr als 50 Schüler gleichzeitig im Gebäude sein. Zu dieser Zeit häuften sich die Angriffe von Tieffliegern und Jagdbombern auf die Zivilbevölkerung, und schon am 19.03.1945 erfolgte der Widerruf obiger Anordnung. Nun durfte nur noch Nachhilfe in Privathäusern gegeben werden. Aus diesem Grund wurden nicht ausreichend beschäftigte Lehrer in Behörden usw. eingesetzt. Auch nach dem 8.Mai 1945 fand monatelang kein Unterricht statt, denn Lehrer und Schulbücher wurden zunächst durch eine amerikanische Kommission überprüft. Die Schule begann ihre Arbeit erst wieder am 8.10.1945.
Die Zeit des Mangels
Die Zeit des Mangels: keine Bücher und Hefte, fehlendes Schuhwerk und der Hunger Nach wie vor herrschte Mangel, es gab weder Schulbücher noch Hefte. Gelernt wurde nach Stichwörtern, geschrieben z.T. auf alten Tapeten. Wegen der mangelhaften Ernährungslage – 1040 Kalorien mußten reichen – unterrichteten die Lehrer nur 28, die Lehrerinnen 26 Stunden je Woche. Ab Juli 1946 durften sie mit Genehmigung der Militärbehörde gegen Bezahlung an der Schulspeisung der Schüler teilhaben. „Bis dahin hatten das Kollegium nur die Arbeit und deren Geruch“ (Christian Meyer). 1947 wurde folgende Notiz in die Schulchronik eingetragen: „Eine Erhebung der Schuhverhältnisse ergab am 15.Juli: keine eigenen Schuhe mehr hatten 29% (der Schüler), sie benutzten Schuhe der Eltern. 37% hatten nur ein Paar schlechte Schuhe, 28% ein Paar noch ziemlich gute und nur 6% mehr als ein Paar. Die Aufstellung hat den britischen Stadtkommandanten erregt; er meinte, aus dem Holz der noch ringsum stehenden Bäume könnten genug Pantinen geschnitzt werden. Zweifellos.“ Dennoch fand im September 1948 das erste Sportfest der Remscheider Schulen statt, bei dem die Mittelschule glänzend abschnitt. Ähnliche Erfolge konnten in den nächsten Jahren noch oft verzeichnet werden.
Schulfahrten
Es geht aufwärts – Schulfahrten Nach der Währungsreform 1948 ging es langsam aufwärts. Nach drei langen Jahren gab es endlich wieder Schulbücher, das Schulgebäude wurde instand gesetzt. Aber auch für Abwechslung während der Schulzeit wurde gesorgt, denn Ferienreisen waren in dieser Zeit für Schüler und Eltern kaum finanzierbar. So bürgerte sich der monatliche Wandertag wieder ein. 1949 machten einige Klassen größere Fahrten (3-6 Tage) nach Bad Godesberg, Hohenlimburg und Kapellensüng. 1953 fuhren dann alle Lehrer und Schüler für drei Wochen nach Hörnum/Sylt. Die Fahrt war preiswert (105 DM), dennoch konnten viele Eltern nicht so viel Geld aufbringen. Andere Eltern halfen; besonders viel Geld spendeten Remscheider Firmen, damit alle Schüler teilnehmen konnten. Remscheider Zeitungen veröffentlichten begeisterte Berichte verschiedener Schüler.
„Realschule“
„Realschule“ – eine Bezeichnung, die dem Schultyp gerecht wird Überdenkt man die sich über die Jahre hinziehenden Schwierigkeiten, kann man die damaligen Schüler nur bewundern. Beleg für Fleiß und Leistungswillen der Schüler ist das Ergebnis der ersten „Mittelschulreifeprüfung“ im Februar 1948. An vier aufeinanderfolgenden Tagen fanden die schriftlichen Prüfungen statt, anschließend die mündlichen. Aufgrund der ausgezeichneten Leistungen erfolgte im Sommer 1948 die staatliche Anerkennung der Mittelschule durch den Kultusminister. Aber nicht genug damit: Um der irreführenden Bezeichnung „Mittelschule“ entgegenzuwirken und um den Aufgaben und dem Sinn der Mittelschule gerecht zu werden, fand am 24.Mai 1951 die Umbenennung der Mittelschule in Realschule statt.
Remscheider Kinderchor
Der „Remscheider Kinderchor“ – zunächst Schulchor der Realschule Remscheid Ein Bericht über die Entwicklung der Schule wäre nicht vollständig, wenn nicht ausdrücklich des Lehrers Paul Volkmann gedacht würde, der von 1950 bis 1959 Mitglied des Kollegiums war. Er gründete 1951 den Schulchor, der schon bald über Remscheids Grenzen bekann und beliebt war. Am 12.07.1952 fuhr Volkmann mit 177 Schülern erstmals ins Ausland nach Holland, und am 11.10.1952 ernannte Oberbürgermeister Walter Frey anläßlich eines Konzerts den Schulchor durch eine Urkunde zum „Remscheider Kinderchor“, dessen Leiter Paul Volkmann auch nach dem Ausscheiden aus dem Kollegium der Schule blieb.
Urkunde
„Der Chor der Städt. Realschule hat sich in kurzer Zeit durch besondere Leistungen ausgezeichnet. Dafür spreche ich dem Chor und seinem Leiter Herrn Paul Volkmann namens der Stadt meine Anerkennung aus. Als Kern eines möglichen Kinderchores aller Remscheider Schulen und aller musik- und stimmbegabten Kinder ermächtige ich diesen Chor, ab heute die Bezeichnung „Remscheider Kinderchor“ zu führen.“
gez. Frey (Oberbürgermeister) Remscheid, den 11.10.1952
Von 1954-1967 leitete Realschuldirektor Fritz Polke die Schule. In dieser Zeit fiel der Kauf des „Schullandheims der Stadt Remscheid“ in Serkenrode im Sauerland, das den beiden Realschulen Remscheids am 8.Mai 1960 zur Nutzung übergeben wurde. Regelmäßige 14tägige Aufenthalte der beiden Realschulen unterbrachen nunmehr der Schulalltag; der Unterricht fand dort – in sauerländischer Umgebung – in anderer Form statt. Zum Schuljahr 1967/68 bekam die Realschule einen neuen Direktor – Ernst-Albert Becker, der schon von 1952-1959 hier unterrichtete – und einen neuen Direktorstellvertreter – Paul Flunkert – , der bis 1989 Rektor der Lenneper Realschule war. Hatten die Vorgänger mit Kriegs- und Nachkriegswirren und allerlei Mängels zu kämpfen, so traten in der Zeit, in der Ernst-Albert Becker Direktor war, Probleme anderer Art auf. Die Schülerzahlen stiegen ständig an, seit einigen Jahren gab es wieder Raumnot. In den Klassen saßen noch immer 40 Schüler, es herrschte Lehrermangel. Sport und musischer Unterricht fielen weitgehend aus.
Der Schulverein
Im Dezember 1967 wurde der Schulverein gegründet, dem 90% aller Eltern beitraten und der seitdem immer wieder tatkräftige Hilfe geleistet hat, und zwar in bezug auf Anschaffung von Lehr- und Lernmitteln und vor allem auch in der Unterstützung finanzschwacher Eltern. Es galt und gilt die Devise: Kein(e) Schüler(in) soll aus finanziellen Gründen an einer Klassenfahrt nicht teilnehmen können.
Namensgebung
Mit der Fertigstellung des Neubaus sollte die Schule, die schon 1951 per Erlaß des Kultusministers in „Realschule“ umbenannt worden war, einen eigenen Namen bekommen. Mit der Namensgebung beschäftigte sich das Kollegium ein halbes Jahr, denn es standen mehrere Namen bekannter und bedeutender Persöhnlichkeiten zur Wahl. Am 18.02.1970 entschied man sich für ALEXANDER VON HUMBOLDT. Es dauerte jedoch noch einige Monate, bis alle zuständigen Ausschüsse zugestimmt hatten.
Differenzierung
Schon im Schuljahr 1969/70 wurde mit dem Versuch eines differenzierten Unterrichts in den Klassen 9 und 10 begonnen, bis im Schuljahr 1973/74 die Neigungsdifferenzierung endgültig eingeführt wurde. Die Schülerzahl stieg unaufhaltsam weiter; erstmals hatten die Abgänger Mühe, eine Lehrstelle (1974) und – nach wie vor – hatte die Schule Probleme, weitere Lehrer zu bekommen. Lücken im Unterrichtsangebot mußten mit Studenten, Pfarrern, Pensionären und Mehrarbeit von Kollegen und Referendaren mühsam geschlossen werden.
Schüleraustausch
Seit 1980 fuhren regelmäßig Schülergruppen nach England, deren Besuch stets mit einem Gegenbesuch beantwortet wurde. Der Austausch mit einer französischen Schule bahnte sich 1982 an. Im Herbst 1982 fand erstmals das seitdem jährlich durchgeführte dreiwöchige Betriebspraktikum der 9. Klassen statt, das von Lehrern und Schülern sehr positiv beurteilt wurde. Vielfältige Aktivitäten bereicherten das Schulleben: Es gab (und gibt) z.B. Theateraufführungen, Schulfeste und Schülerfeten. Die Schüler der Klassen 6 beteiligten (und beteiligen) sich am Vorlesewettbewerb und Schuler der oberen Klassen an „Jugend forscht“.
Die Dienstzeit des Schulleiters Ernst-Albert Becker endete 1983. Als Nachfolger wurde Dieter Besgen eingesetzt. Er übernahm die Schulleitung bis zu seinem Ausscheiden 2004.